Ökumene und Evangelische Allianz – 3. Teil

Die Sehnsucht nach Einheit

Damals vor 200 Jahren

Vor 200 Jahren gab es in der ganzen Welt große Veränderungen. Die USA und die Länder Südamerikas bekamen ihre Unabhängigkeit. In Frankreich gab es eine Revolution, in Deutschland musste man sich von Napoleon befreien. Mit der Erfindung der Dampfmaschine kamen die Industrie und die ersten Eisenbahnen. Man reiste um die ganze Welt und entdeckte neue Länder wie Australien. Die Christen wollten in diesen Ländern das Evangelium verkündigen, die ersten Missionsgesellschaften wurden gegründet.

Die Brüderbewegung

Damals gab es keine Evangelische Allianz und keine Ökumene. Die Gläubigen in den verschiedenen Kirchen und Freikirchen hatten keinen Kontakt zueinander. Viele meinten, ohne Pfarrer dürfte man keinen Gottesdienst halten oder das Abendmahl miteinander feiern.

In Dublin, der Hauptstadt Irlands, trafen sich jedoch einige Gläubige aus unterschiedlichen Kirchen. Sie sagten: „Wir glauben an den gleichen Herrn Jesus Christus, wir lesen die gleiche Bibel. Warum gehen wir in verschiedene Gemeinden? Wir können doch auch ohne Pastor zusammenkommen, die Bibel lesen und das Mahl des Herrn feiern.“

Zuerst trafen sie sich in einer Wohnung an einem Abend in der Woche. Später feierten sie am Sonntag Gottesdienst. Es kamen immer mehr Leute, sie mieteten einen Saal. Bald gab es Versammlungen auch in anderen Städten.

Diese Gemeinden gaben sich keinen Namen. Sie wollten jeden, der an Jesus glaubt, willkommen heißen. Sie nannten sich einfach „Bruder“ und „Schwester“. Deshalb bekamen sie bald den Spitznamen „Brüdergemeinde“.

Einer der Leiter der Brüdergemeinden hieß John Darby. Er war früher Pfarrer der englischen Landeskirche gewesen. Er war viel unterwegs in der Schweiz, in Frankreich und auch in Deutschland Er predigte die Gute Nachricht von Jesus und hat auch die Bibel ins französische und deutsche übersetzt (Elberfelder-Bibel). Er glaubte, die meisten Kirchen waren in die Irre gegangen. Deshalb musste man aus der Kirche austreten und in die „Brüderversammlung“ gehen.

Andere Geschwister waren andere Meinung, schließlich kam es zu einer Spaltung. Die Nachfolger von Darby wurden „exklusive Brüder“ genannt. In Deutschland sagte man oft dazu „die alte Versammlung“. Die andere Gruppe wurden „offene Brüder“ genannt. Darby meinte, man muss sich vom Heiligen Geist leiten lassen. Er lehnte alle Organisation ab. Deshalb gibt es in manchen Brüdergemeinden keine Leitung. Der Gottesdienst wird nicht geplant und die Predigt nicht vorbereitet.

Die Evangelische Allianz

Die Evangelische Allianz wurde 1846 in London gegründet. Das Wort evangelisch hat in englisch einen anderen Sinn als in deutsch. Sagt man in Deutschland: „Ich bin evangelisch“, so meint man: „Ich bin nicht katholisch.“ Sagt man in englisch: „Ich bin ein evangelischer“, so meint man: ich glaube, die Bibel ist Gottes Wort, vom Heiliger Geist inspiriert. Ich bin errettet, nur weil Jesus Christus für mich gestorben ist. Ich bin Christ nicht durch Geburt, durch Kindertaufe, durch Erziehung oder Tradition sondern nur durch persönliche Glaubensentscheidung (Wiedergeburt). Solche Leute wurden in deutsch früher Pietisten genannt, besonders in Süddeutschland. Heute nennt man sie evangelikal.

Evangelikale Christen gibt es in den verschiedenen Landeskirchen, Freikirchen und Landeskirchlichen Gemeinschaften. Sie arbeiten zusammen in der Evangelischen Allianz vor Ort, in ganz Deutschland und international. Die Evangelische Allianz ist kein Kirchenbund. Die Mitglieder sind Einzelpersonen.

Die Ökumene

1910 fand in Edinburgh, der Hauptstadt Schottlands, die erste Internationale Missionskonferenz statt. Das Thema war: „Wir wollen das Evangelium in die ganze Welt verkündigen und den König zurück bringen!“

Sie meinten, wenn alle Völker die Gute Nachricht gehört haben, wird Jesus auf die Erde wiederkommen. Viele meinen auch, es sollte nur eine Kirche geben, damit die Menschen an Jesus glauben.

Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) wurde 1948 in Amsterdam, der Hauptstadt der Niederlande, gegründet. Er wird auch Weltkirchenrat genannt. Mitglieder sind nicht Einzelpersonen sondern Kirchen. Die meisten evangelischen Landeskirchen und Freikirchen gehören dem ÖRK an. Die Orthodexen Kirchen wurden 1961 in Neudelhi, der Hauptstadt Indiens, als Mitglieder aufgenommen. Die Römisch-Katholische Kirche ist kein Mitglied des ÖRK. Sie sendet nur Beobachter zu den Konferenzen des Weltkirchenrats.

In Deutschland gibt es auch die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK). Sie ist die örtliche Ökumene. Ihr gehört die Römisch-Katholische Kirche als volles Mitglied an.

Die Ökumene möchte die verschiedenen christlichen Kirchen zusammenführen. Das Endziel ist eine Weltkirche. Doch viele Christen, die die Bibel ernst nehmen, haben Bedenken. In der nächsten Folge werden wir sehen, warum.

Michael Ponsford
mponsford@t-online.de