Bilder der Bibel – Vom Splitter und Balken

Vor 30 Jahren studierte ich Theologie in London. Für meinen Abschluss schrieb eine Magisterarbeit über Saul und David. Später bat man mich, diese Arbeit auszubauen und einen Kommentar zum 1. Samuelbuch zu schreiben.

Damals erschien ein anderer Kommentar zum 1. Samuelbuch. Man bat mich, eine Rezension darüber zu schreiben. Eine Rezension ist eine Beurteilung von einem Buch. Der Kommentar von diesem anderen Pastor gefiel mir nicht. Ich habe viel schlechtes darüber geschrieben.

Später wurde mein eigener Kommentar veröffentlicht. Ein Theologieprofessor schrieb eine  Rezension dazu. Er hat viel schlechtes über mein Buch geschrieben.

Zuerst war ich enttäuscht und sehr geknickt. Dann aber erinnerte mich: ich hatte über das Buch von jemand anders auch schlechtes geschrieben. Jetzt passiert das mir auch!

Dazu hat der Herr Jesus einmal gesagt:

Andere Leute werden dich so behandeln, wie du sie behandelt hast.

(Matthäus 7,2 Neues Leben Bibel)

Kritik

In unserer Welt gibt es viel Kritik. Das eine Land hat etwas gegen ein anderes Land. In der Politik reden die Mitglieder von einer Partei schlecht über die Leute von einer anderen Partei. In der Nachbarschaft gibt es Kritik. Eine Familie beschwert sich, dass die Hunde vom Nachbarn zu laut bellen. Oder der Nachbar stellt sein Auto gerade vor meine Einfahrt.

Auch in der christlichen Gemeinde gibt es Kritik. Ein Glaubensbruder meint, der Rock von einer Frau ist zu kurz. Eine Glaubensschwester ärgert sich, dass ein Mann in Jeans und Turnschuhe zum Gottesdienst kommt. Einem gefallen die Lieder im Gottesdienst nicht. Manche meinen, der Prediger vertritt eine falsche Lehre. Jeder von uns kennt solche Beispiele.

Doch Jesus sagte:

Hör auf, andere zu verurteilen. Dann wirst du auch nicht verurteilt werden. Hör auf, andere zu tadeln (kritisieren). Sonst ergeht es dir ebenso. Vergebt, und euch wird auch vergeben werden.

(Lukas 6,38 Neues Leben Bibel)

Dazu hat Jesus eine kleine Geschichte erzählt:

Warum kümmerst du dich um den Splitter im Auge deines Bruders oder deiner Schwester? Du hast selbst einen Balken in deinem eigenen Auge! Wie kannst du zu deinem Bruder oder deiner Schwester sagen: „Komm! ich will dir den Splitter aus dem Auge ziehen“? Dabei merkst du gar nicht, dass du selbst einen ganzen Balken im Auge hast. Du bist scheinheilig! Nimm doch erst den Balken aus deinem eigenen Auge, dann kannst du dich kümmern um den Splitter in dem Auge des anderen.

(Matthäus 7,3-5)

Warum kümmerst du dich um den Splitter im Auge deines Bruders oder deiner Schwester? Du hast selbst einen Balken in deinem eigenen Auge!

Was meinte der Herr Jesus mit dem Splitter und dem Balken? Der Splitter ist der Fehler, den ich bei meinem Bruder oder Schwester im Glauben sehe. Der Balken ist meine falsche Einstellung. Statt meinem Bruder oder meiner Schwester in Liebe zu begegnen, kritisiere ich sie. Vielleicht rede ich sogar schlecht über sie in der Gemeinde.

Ein Balken ist natürlich viel größer als ein Splitter. Der Herr Jesus will damit sagen: meine falsche Einstellung ist viel schlimmer als der Fehler meines Bruders. Doch wir sind oft blind! Meines Bruders Fehler scheint mir so groß. Doch merke ich meine falsche Einstellung überhaupt nicht!

Jesus verbietet uns nicht, unsere Glaubensgeschwister zu korrigieren. Wir können Ihnen helfen, den Splitter aus ihrem Auge zu entfernen. Doch wir müssen dazu die richtige Einstellung haben. Jesus sagte: Nimm doch erst den Balken aus deinem eigenen Auge! Was kann dieser Balken alles sein? Welche verkehrten Einstellungen haben wir manchmal?

1. Besserwisserei.

Wir glauben, wie wissen es besser als unser Bruder oder Schwester. Wir kennen die Bibel besser. Wir sind länger im Glauben. Wir haben den größeren Überblick.

2. Rechthaberei

Uns geht es nicht darum, dem anderen zu helfen, sondern zu zeigen, dass wir in der Sache recht haben. Ich meine zum Beispiel, dass ich die Bibel besser verstehe als er oder sie. Ich erkenne Gottes Willen besser.

3. Selbstgerechtigkeit

Wir glauben, unser Leben ist in Ordnung. Wir denken, wir haben eine weiße Weste, wie man sagt. Wir halten uns an Gottes Wort. Meinem Bruder oder Schwester fehlt der Durchblick.

4. Stolz

Wir fühlen uns dem anderen überlegen. Wir sind geistlich, sie sind fleischlich. Wir versuchen, Jesus zu gehorchen, die anderen tun nur, was sie wollen.

5. Kritik

Wir wollen dem anderen gar nicht helfen, sondern nur ihn oder sie kritisieren. So stehe ich in einem besseren Licht.

6. Lieblosigkeit

Wenn wir unsere Glaubensbrüder und -schwestern wirklich lieben, wollen wir ihnen helfen. Wir werden nicht aus  Besserwisserei,  Rechthaberei, Selbstgerechtigkeit oder Stolz handeln. Der Herr helfe uns dazu!

Michael Ponsford
mponsford@t-online.de