Die Offenbarung des Johannes – 1. Teil

Ein Blick hinter die Kulissen

Eine Erklärung der Offenbarung des Johannes
Kapitel 1, Verse 1-3

Johannes auf der Insel Patmos  copyright:: https://www.revelationillustrated.com/

Die Überschrift

Dies ist die Offenbarung Jesu Christi.

Offenbarung 1, 1

So steht es in der Luther-Übersetzung. In der Elberfelder-Übersetzung und in der Schlachter- Übersetzung steht einfach Offenbarung Jesu Christi. Aus diesen drei Anfangsworten können wir viel lernen über dieses letzte Buch der Bibel. Wir lernen:

  1. Was für ein Buch die Offenbarung ist;
  2. Wer der Urheber dieses Buches ist;
  3. Was das Thema der Offenbarung ist.
1. Die Offenbarung ist eine Apokalypse

Das Neues Testament wurde nicht in deutsch geschrieben sondern in griechisch. Das griechische Wort für Offenbarung heißt Apokalypse. Das bedeutet wörtlich Enthüllung.

Heute wird das Wort Apokalypse oft gebraucht, um eine schreckliche Katastrophe zu beschreiben, zum Beispiel ein Erdbeben, ein Tsunami oder einen Krieg.

In der Auslegung der Heiligen Schrift hat das Wort Apokalypse eine andere Bedeutung. Ein Apokalypse ist eine bestimmte Art von Buch. Als der Apostel Johannes lebte, gab es viele solche Bücher. Sie hatten oft seltsame Titel, zum Beispiel Das Testament der 12 Patriarchen oder Die Himmelfahrt des Mose. Manche wurden von Juden geschrieben, manche von Christen. Die Hauptfigur dieser Bücher war immer eine Person aus dem Alten Testament wie zum Beispiel Abraham oder Mose. Diese Person erhielt Botschaften von einem Engel. Diese Botschaften gaben vor, die Zukunft vorauszusagen. Die Botschaft war oft verschlüsselt. Die Personen und Handlungen hatten eine geheime Bedeutung

Die Menschen, die diese Bücher schrieben, waren fromme Leute. Sie wollten den Gläubigen ihrer Zeit helfen. Aber diese Bücher waren nicht von Gott inspiriert. Deshalb sind sie nicht Teil der Heiligen Schrift. Sie stehen nicht in unserer Bibel.

In manchen Dingen ist die Offenbarung des Johannes ähnlich wie diese anderen Bücher. Zum Beispiel Johannes erhält Botschaften von Engeln. In der Offenbarung liest man auch von Figuren, die eine besondere Bedeutung haben. Es gibt aber auch Unterschiede zwischen der Johannesoffenbarung und diesen anderen Büchern. Der wichtigste Unterschied ist, dass die Offenbarung des Johannes von Gott inspiriert ist und ein Teil der Heiligen Schrift ist.

Heute schreiben die Menschen solche Apokalypsen nicht mehr. Deshalb kommen sie uns heute sehr fremd vor. Uns fällt schwer, diese Art von Buch zu verstehen. Aber die Menschen in der Zeit des Apostels Johannes kannten diese Art von Buch. Deshalb konnten sie die Offenbarung auch leichter verstehen.

2. Der Urheber der Offenbarung ist Jesus Christus

In der Lutherbibel steht als Überschrift: Die Offenbarung des Johannes. Wir sprechen oft von der Johannesoffenbarung. Das ist nicht verkehrt. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass die Offenbarung nicht vom Apostel Johannes stammt sondern von Jesus Christus. Johannes war nur der Empfänger. Er sollte aufschreiben, was er sah und hörte. Dann gab er es anderen weiter.

3. Das Thema der Offenbarung ist Jesus Christus

Das griechische Wort für Offenbarung heißt Apokalypse. Das bedeutet wörtlich Enthüllung. Das Buch der Offenbarung soll uns etwas zeigen, was zugedeckt ist. Wenn ein neues Denkmal oder eine neue Statue eingeweiht wird, ist es manchmal verhüllt. Da kommt der Bundespräsident und hält eine Rede. Dann zieht er an einer Schnur. Die Hülle fällt weg, alle können das neue Denkmal sehen. So ist es mit der Offenbarung. Deshalb habe ich oben geschrieben: Ein Blick hinter die Kulissen.

Viele Leute glauben, die Offenbarung enthüllt uns die Zukunft. Das steht sogar in zwei Bibelübersetzungen: In der „Hoffnung für alle“ steht: In diesem Buch enthüllt Jesus Christus die Zukunft. In der „Neuen Genfer Übersetzung“ steht: In diesem Buch enthüllt Jesus Christus, was ihm von Gott über die Zukunft gezeigt worden ist. Man sollte lieber übersetzen: In diesem Buch wird Jesus Christus enthüllt.

Als Johannes die Offenbarung schrieb, war Jesus für die meisten Menschen völlig unbekannt. Jesus war ein jüdischer Zimmermann gewesen, der in einer fernen Provinz des römischen Reichs gelebt hatte. Ein römischer Geschichtsschreiber wusste so wenig über Jesus, dass er ihn Christus nannte. Jesus wurde von seinem eigenen Volk abgelehnt. Er starb als Verbrecher am Kreuz. Er hatte nur wenig Anhänger, und sie wurden vom römischen Staat verfolgt.

Die Offenbarung zeigt uns, wer Jesus wirklich ist: Herr aller Herren und König aller Könige! Es stimmt, er starb am Kreuz, doch das war kein Versagen sondern ein großer Sieg über die Sünde, den Tod und den Teufel. Nun sitzt er mit dem allmächtigen Gott auf dem Thron. Und eines Tages wird er wiederkommen, um die Welt zu richten und die Seinen in die ewige Herrlichkeit einzuführen.

Die Eröffnung

Dies ist die Offenbarung Jesu Christi, die Gott ihm gegeben hat, seinen Knechten zu zeigen, was in Kürze geschehen soll; und er hat sie durch seinen Engel gesandt und seinem Knecht Johannes kundgetan.

Offenbarung 1, 1

Aus dieser Eröffnung lernen wir etwas über:

  1. Die Vermittlung der Offenbarung;
  2. Die Empfänger der Offenbarung;
  3. Den Zeitrahmen der Offenbarung;
  4. Die Zeichensprache der Offenbarung.
1. Die Vermittlung der Offenbarung

Die Offenbarung läuft über fünf Stellen von Gott zu uns Menschen:

Gott

Jesus Christus

Engel

Johannes

Gottes Knechte

2. Die Empfänger der Offenbarung

Gott gab die Offenbarung für die Knechte Gottes. Nicht nur Pfarrer, Pastore oder Missionare sind Knechte Gottes. Alle Menschen, die Gott dienen, sind seine Knechte.

Die ersten Christen nannten sich Gottes Knechte (Apostelgeschichte 4, 29). Jesus nannte seine Jünger Knechte (Johannes 13, 16 und 15, 20). Der Apostel Paulus schrieb an die Christen in Rom:

Früher seid ihr Sklaven der Sünde gewesen, nun seid ihr Knechte Gottes.

Römer 6, 22

Also: Die Offenbarung wurde geschrieben für alle, die an Jesus Christus glauben.

3. Der Zeitrahmen der Offenbarung

Gott gab die Offenbarung an die Knechte Gottes. Er wollte ihnen zeigen, was in Kürze geschehen soll. Die Offenbarung ist nicht ein Buch voller Geheimnisse. Es will uns etwas zeigen. Es zeigt uns Dinge, die in Kürze geschehen werden. Man kann auch übersetzen Dinge, die bald geschehen sollen.

Viele Menschen haben diese Worte missverstanden. Wenn sie das Wort „bald“ lesen, denken sie an unsere Zeit. Aber die Offenbarung redet von Dingen, die in der Zeit von Johannes bald geschehen sollen.

Es ist nicht ganz sicher, wann Johannes die Offenbarung geschrieben hat. Manche denken, etwa 96 nach Christus. Das bedeutet: fast alles, was in der Offenbarung steht, ist schon passiert. Aber nicht alles. Es gibt in der Offenbarung etwas, was noch nicht passiert ist. Die Offenbarung sagt öfters: Jesus Christus wird in Herrlichkeit wiederkommen. Das ist die große Hoffnung der Christen. Aber Christi Wiederkunft liegt noch in der Zukunft.

4. Die Zeichensprache der Offenbarung

In der Luther-Bibel steht: Gott hat kundgetan. In der Einheitsübersetzung, der Gute Nachricht-Bibel und Hoffnung für Alle steht: Gott hat gezeigt. Das Wort ist verwandt mit dem Wort Zeichen. Englischsprachige Gehörlosen nennen die Gebärdensprache „Zeichensprache“. Für das Wort „stehen“ machen wir zum Beispiel ein Zeichen mit zwei Fingern auf der Handfläche. Das ist ein Zeichen für einen Mensch, der auf den Beinen steht.

In der Offenbarung haben wir eine Art Zeichensprache. Die Neue Genfer Übersetzung schreibt in einer Fußnote: Gott hat gezeigt mit Hilfe von Sinnbildern und zeichenhaften Geschehenissen. In der Offenbarung gibt es zum Beispiel viele Zahlen, Farben, Figuren und Naturereignisse. Sie haben eine besondere Bedeutung. Wenn man versucht, diese Zeichen wörtlich zu nehmen, dann gibt es oft keinen Sinn.

Der Verfasser

Gottes Knecht Johannes hat bezeugt das Wort Gottes und das Zeugnis von Jesus Christus, alles, was er gesehen hat.

Offenbarung 1, 2

Der Name „Johannes“ ist ein schöner Name. Es bedeutet Gott ist gnädig. Dieser Name ist auch heute in ganz Europa sehr beliebt. Damals gab es auch viele Männer, die „Johannes“ hießen. Aber nur einer war so bekannt, dass er sich nicht weiter vorstellen musste. Das war der Apostel Johannes.

Während Hunderte von Jahren glaubten alle Bibelleser, dass der Apostel Johannes die Offenbarung geschrieben hat. Erst in den letzten zwei Hundert Jahren zweifeln kritische Theologen, dass der Apostel Johannes der Verfasser ist. Ein Grund ist: die Sprache der Offenbarung scheint ganz anders als die Sprache des Johannesevangeliums oder der drei Briefe des Johannes im Neuen Testament.

Der Grund für diesen Unterschied ist vielleicht, dass Johannes sein Evangelium und seine Briefe in Ruhe schreiben konnte. Bei der Offenbarung war Johannes von Gottes Geist ergriffen und sah himmlische Visionen. Es ist klar, dass er ganz anders schreibt. Es gibt aber auch viele Ähnlichkeiten zwischen der Offenbarung und den anderen Schriften des Johannes.

Johannes schreibt, dass er das Wort Gottes und das Zeugnis von Jesus Christus bezeugt hat. Jesus sagte zu seinen Aposteln:

Ihr werdet meine Zeugen sein.

Apostelgeschichte 1, 8

Die Apostel gaben Zeugnis von dem, was Jesus auf Erden tat und lehrte. Sie gaben Zeugnis von seinem Tod und seine Auferstehung. In der Offenbarung gibt der Apostel Johannes Zeugnis über das, was Jesus im Himmel tut. Das Buch der Offenbarung ist Gottes Wort und gehört zur Heiligen Schrift, genau wie der Rest der Bibel.

Die Seligpreisung

Selig ist, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung und behalten, was darin geschrieben ist; denn die Zeit ist nahe.

Offenbarung 1, 3

Besonders fromme Menschen werden von der Römisch-Katholischen Kirche „selig gesprochen“. Davon steht in der Bibel gar nichts. Das Wort „selig“ bedeutet eigentlich „glücklich“.

Johannes hat die Offenbarung aufgeschrieben und als Rundbrief an die Gemeinden geschickt. Das lesen wir in Vers 4. Im Gottesdienst hat dann jemand die Offenbarung vorgelesen, die Gemeinde hörte zu.

Drei weitere Dinge können wir aus diesem Vers lernen:

  1. Die Offenbarung ist eine Weissagung, d.h. eine Prophetie;
  2. Wir sollten halten, was in der Offenbarung steht;
  3. Das, was in der Offenbarung steht, begann schon damals zu geschehen.
1. Die Offenbarung ist eine Weissagung, d.h. eine Prophetie

Heute bedeutet das Wort „Prophetie“ die Zukunft voraussagen. Doch die Bedeutung von Prophetie in der Bibel ist anders. So lesen wir zum Beispiel im Lukasevangelium:

Die Männer, die Jesus gefangenhielten, schlugen ihn, verdeckten sein Angesicht und sagten: „Weissage, wer ist es, der dich schlägt?“

Lukas, 22, 63-64

(Siehe auch das Evangelium nach Matthäus, Kapitel 26, Verse 67+68, und das Evangelium nach Markus, Kapitel 14, Vers 65).

Jesus konnte nicht sehen, wer ihn geschlagen hat. Man hatte ihm die Augen zugebunden. Aber wenn er wirklich ein Prophet war, könnte er es wissen, weil Gott es ihm zeigt. Also ist Weissagung oder Prophetie nicht unbedingt, die Zukunft vorauszusagen. Die Offenbarung ist Prophetie, weil sie uns Dinge zeigt, die wir Menschen sonst nicht wissen können.

2. Wir sollten halten, was in der Offenbarung steht

Gott hat uns die Offenbarung nicht gegeben, um unsere Neugier zu befriedigen. Wir müssen die Botschaft der Offenbarung nicht nur lesen und hören sondern auch behalten. Mehrmals steht in der Offenbarung, dass wir Gottes Wort und seine Gebote halten sollen: (Kapitel 3, verse 8+10; Kapitel 12, Vers 17; Kapitel 14, Vers 12; Kapitel 22, Verse 7+9)

Genau das gleiche lesen wir im Evangelium und den Briefen des Johannes:

Evangelium nach Johannes, Kapitel 14, Verse 15.21.23+24; Kapitel 15, Verse 10+20; Kapitel 17, Vers 6;
Der 1. Brief des Johannes, Kapitel 2,Verse 3+5; Kapitel 3,Verse 22+24; Kapitel 5, Verse 2+3.

In diesem Punkt ist die Sprache der Offenbarung dem Evangelium und dem Brief des Johannes sehr ähnlich.

In der Luther-Übersetzung steht, wir sollen die Worte der Offenbarung „behalten“. Man könnte auch übersetzen: „einhalten“. Andere deutsche Bibelübersetzungen haben dieses Wort so übersetzt:

In der Elberfelder- und Schlachter-Übersetzung steht: bewahren
In der Gute Nachricht Bibel steht: beherzigen
In der Neues Leben Bibel steht: befolgen
In der Neue Genfer Übersetzung steht: sich danach richten
In der Hoffnung für Alle steht: danach handeln

Wir sollen die Botschaft der Offenbarung zu Herzen ernst nehmen, das heißt glauben. Wir dürfen unsern Glauben nicht aufgeben. Wir sollen die Botschaft der Offenbarung befolgen und danach handeln. Wir müssen Gott und unserem Herrn Jesus Christus treu bleiben, auch wenn es etwas kostet.

3. Die Zeit ist nahe

Gott hat uns in der Offenbarung keinen Zeitplan für die Zukunft gegeben. Er hat Johannes und den ersten Christen gezeigt, was damals passieren sollte. Aber wir werden sehen: diese Dinge passieren in der Geschichte immer wieder, auch heute. So lernen wir, wie wir damit umgehen sollen.

Fortsetzung folgt!

Michael Ponsford
mponsford@t-online.de